Ab- und zugeben können ist eine Kunst

05.04.2025

Brauchen wir Regeln? Gesetze?

Blöde Frage, denken Sie sicher. Klar, brauchen wir Regeln und Gesetze. Denken wir nur an den Straßenverkehr; denken wir an unser gesellschaftliches Miteinander; denken wir an den Staat und und und.

Klar, brauchen wir Regeln und Gesetze. Sie haben die Aufgabe, uns zu helfen, dass das Leben und das Miteinander gelingt. Kein Menschenleben darf durch Gesetze behindert oder zerstört werden, denn die Gesetze und Regeln sind ja für das Gegenteil da.

Das lehrt uns schon die Bibel, das macht uns Jesus immer wieder ganz klar. (vgl. Joh 8, 1-11) Die Gesetze sind für den Menschen da, nicht der Mensch für die Gesetze.

Auch in Katharinas Leben gab es Gesetze und Regeln. Auch sie musste sich daran halten. Immer aber hatte sie den Mitmenschen im Blick. Ihm musste es gut gehen, er musste heil bleiben oder wieder heil werden.

Die Fastenvorschriften im 19. Jahrhundert waren strenger als heute. Katharina wusste, dass ihre Schwestern bei allen Anforderungen des Alltags die "strengen Fasten nicht so gut halten" konnten. Also riet sie ihnen: "… wir wollen uns denn um so mehr bemühen, alle Beschwerden und Mühen innerlich und äußerlich, Leiden, Kämpfe und Versuchungen sowie alles, was uns Leiden verursacht, gerne ertragen und entsagen." (Brief 210)

Oder denken Sie an Schwester Willeyka. Eine junge Frau vor ihrer Profess musste entlassen werden, wenn sie ernstlich krank wurde. Katharina gab ihr eine zweite Chance und ging ungewöhnliche Wege, um das möglich zu machen.

Katharina sagte einmal: "Der Geist des Berufes hat das an sich, dass man ab- und zugeben kann …"

"Bei einer groben, beleidigenden Bemerkung, die ihr einst eine junge Schwester machte, habe ich als Postulantin an der ehrwürdigen Stifterin einen heroischen Akt der Selbstbeherrschung und Klugheit beobachtet. Sie schwieg und ging ohne strafenden Blick, ohne ein vorwurfsvolles Wort aus dem Zimmer, wohl wissend, dass die Schuldige damals nicht in der Verfassung war, eine verdiente Zurechtweisung mit Nutzen anzuhören und weil die Beleidigung nur ihrer Person galt. Ich hätte ihr nacheilen und kniend für sie um Verzeihung bitten mögen! In meinem ganzen Leben habe ich diesen Akt niemals vergessen können." (Schwester Angel. nach 50 Jahren, aufgezeichnet von Sr. Aurelia Fröhlich ADJC, Seite 7)

"Der Geist des Berufes hat das an sich, dass man ab- und zugeben kann …"

Vieles wäre einfacher, wenn uns das Ab- und Zugeben öfter gelingen würde.

Eines ist sicher: Es hat mit Lebenskunst zu tun.